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AutorenbildMelanie Henke

Growth- und Fixed-Mindset – wie unsere Denkweise uns wachsen lässt oder zurückhält

Wir können Lebenssituationen als Chance nehmen, etwas zu lernen oder ihnen aus dem Weg gehen, aus Angst davor zu scheitern. Diese Vermeidungsstrategie wird mit einer „starren Denkweise“, einem „Fixed-Mindset“ in Verbindung gebracht, während Menschen, die sich herausfordernden Lebenssituationen leichter stellen können, ein Growth-Mindset, eine flexible, wachstumsorientierte Denkweise zugesprochen wird.


Was ist ein Growth-Mindset?

Unsere Art, die Welt zu sehen und zu Denken prägt unser Selbstbild und damit unser Verhalten.


Menschen mit einem Growth-Mindset,

  • sind davon überzeugt, dass sie sich in ihren Fähigkeiten weiterentwickeln können.

  • sehen Fehler als Helfer dafür, etwas Neues zu entdecken und zu lernen.

  • lernen, um Dinge besser zu verstehen und mehr zu erfahren.


Was ist ein Fixed-Mindset?

Das Fixed-Mindset ist im Grunde genommen der Gegenspieler des Growth-Mindset und wird auch „statisches Denken“ genannt.


Menschen mit einem Fixed-Mindset,

  • sind überzeugt davon, dass Talent, Begabung oder Intelligenz als festgelegte Größen darüber entscheiden, ob man etwas kann oder nicht.

  • sehen Fehler als Bedrohung und Abwertung ihrer Persönlichkeit.

  • lernen, um ein positives Feedback zu bekommen (gute Noten, einen Bonus, Aufstiegschancen etc.).


Welche Folgen haben Growth- und Fixed-Mindset?

Menschen mit einem wachstumsorientierten Mindset,

  • haben einen entspannteren Umgang mit Momenten des Scheiterns, weil dieser Moment ihnen zeigt, dass und an welcher Stelle sie etwas NOCH nicht können.

  • sehen Erfolg nicht als Ergebnis ihrer Herkunft, sondern als gestaltbare Größe.

  • glauben daran, alles lernen und erreichen zu können, wenn sie sich durchbeißen, immer wieder üben und sich nur genug anstrengen.

Menschen mit einem Fixed-Mindset,

  • schreiben ihre Erfolgsaussichten ihrer Herkunft oder einem angeborenen Talent zu.

  • entwickeln sich nicht weiter, wenn sie der Überzeugung sind, für etwas kein Talent, keine Begabung zu haben und sehen daher auch keinen Sinn darin, etwas zu üben.

  • schrecken vor Herausforderungen zurück und setzten dadurch Wünsche und Lebensträume nicht um.

  • haben Angst, Fehler zu machen und wenn sie Herausforderungen nicht auf Anhieb bewältigen, sind damit Versagensgefühle verbunden.


Die Wissenschaft zum Growth-Mindset

Die amerikanische Wissenschaftlerin Carol Dweck beschäftigte sich am Anfang ihrer Forscherinnenlaufbahn mit der Frage, wie Menschen mit einem Misserfolg umgehen und wie Kinder auf schwierigen Aufgaben reagieren. Dafür ließ sie Kinder Denksportaufgaben lösen, die von Mal zu Mal schwieriger wurden. Die überraschende Entdeckung dabei war, dass die Kinder angesichts der unlösbaren Aufgaben nicht frustriert waren, sondern sich über die kniffligen Aufgaben freuten und so etwas sagten wie “Ich liebe knifflige Rätsel“ oder „Wissen Sie, genau das hatte ich gehofft: Das ich hier etwas lerne.“ Die Kinder ließen sich durch Misserfolge nicht frustrieren und begriffen ihn nicht als Misserfolg. Sie begriffen ihn als Lernprozess.

Diese Erfahrung war für Carol Dweck so bedeutsam, dass sie diese innere Einstellung, welche einen Misserfolg in etwas Positives verwandeln kann, ergründen und herausfinden wollte, welche Folgen es hat, wenn Menschen in dieser Weise an schwierige Aufgaben herangehen.

Daraus entwickelte sich ihre jahrelange Forschungsarbeit, in welcher sie die Haltung des Growth-Mindset und die dem gegenüberliegende Haltung des Fixed-Mindset erforschte.


In diesem TED-Talk (englisch mit deutschen Untertiteln) spricht sie über ihre Forschungsarbeit:


Die zentrale Erkenntnis zum Growth-Mindset ist, dass unser Erfolg in erster Linie von unserer Bereitschaft zu üben und dazuzulernen und uns zu entwickeln, abhängig ist. Sie hat unterschiedliche Menschen untersucht, darunter Leistungssportler:innen, Kinder aus unterschiedlichen sozialen Umfeldern, Manager:innen etc. und fand heraus:

  • Kinder, die als Versager:innen abgestempelt wurden, haben bei geeigneter Förderung als Klassenbeste abgeschlossen.

  • Männer und Frauen, die als unsportlich galten, sind später sehr erfolgreiche Sportler:innen geworden.

  • Erfolgreiche Wissenschaftler:innen, Musiker:innen und Sportler:innen, die als Kinder und Jugendliche nur durchschnittlich begabt waren, dann allerdings ihr Potenzial mit viel Üben und Ausdauer immer weiterentwickelt haben.

Wichtig ist, Carol Dweck sagt, dass Growth-Mindset nicht bedeutet, dass wir alle gleich sind, denn wir haben alle unterschiedliche Fähigkeiten, doch die Forschung zeigt, dass jeder von uns wachsen kann.


Entweder Growth-Mindset oder Fixed-Mindset?


Niemandem von uns gelingt es in jeder Situation aus einem Growth-Mindset zu handeln, denn je nach Situation und Themenfeld oder der an der Situation beteiligten Personen wechseln wir in unserer Denkweise. So denkt eine Person beruflich möglicherweise wachstumsorientiert und in der Beziehung eher statisch. Die Chance des Growth-Mindset besteht darin, dass es nicht so bleiben muss. Dass z. B. meine Auseinandersetzung mit dem Fach „Statistische Methoden der Gesundheitspsychologie“ durch die Brille des Growth-Mindset, eine andere werden kann (daran arbeite ich auf jeden Fall).


Welches Mindset hast du?

Wenn du magst, blicke doch einmal aus einer übergeordneten Ebene und frage dich:


1. Habe ich in der vergangenen Woche eher wachstumsorientiert oder statisch gedacht?

  • Growth-Mindset: Mit Übung schaffe ich das.

  • Fixed-Mindset: Das schaffe ich nie, das ist mir auch zu anstrengend.

2. Denke an etwas, was du dir wünscht oder als Ziel hast. Hast du hierbei ein Growth- Mindset oder ein Fixed-Mindset?

  • Growth-Mindset: Ich bin noch nicht da, doch ich tue alles dafür und übe, damit ich dorthin komme.

  • Fixed-Mindset: Ich glaube nicht, das ich das wirklich schaffe und ehrlich gesagt, ist das in meiner Lebenssituation auch wirklich kaum zu schaffen.

3. Wie denkst du in herausfordernden Situationen?

  • Growth-Mindset: Ich übe so lange, bis ich es kann und glaube daran, dass ich es schaffe.

  • Fixed-Mindset: Das ist eine furchtbare Situation und so etwas mache ich nie wieder.

Wir alle haben die Möglichkeit, uns neu kennenzulernen und können uns in unserem wachstumsorientierten Denken gezielt stärken.


Entwicklung und Stärkung von einem Growth-Mindset

Eine kleine und unglaublich wirkungsvolle Möglichkeit, um unser Fixed-Mindset in ein Growth-Mindset zu überführen, ist das kleine Wort „noch nicht“. Sagst du oder auch dein Kind „Ich kann das nicht“ formuliere es um in ein „Ich kann das noch nicht“.


Beispiele:

Fixed-Mindset: Ich kann das nicht, das werde ich nie lernen.

Growth-Mindset: Ich kann das noch nicht, doch mit Übung werde ich besser.


Fixed-Mindset: Bloß keine Fehler machen.

Growth-Mindset: Ich bekomme das schon irgendwie hin.


Fixed-Mindset: Ich weiß nicht, wie ich die Klausur schaffen soll.

Growth-Mindset: Ich weiß noch nicht, wie ich die Klausur schaffen soll.


Unsere Denkweise prägt unser Selbstbild

Carol Dweck zeigt uns mit ihrer Forschung, dass wir frei sind alles zu lernen was wir wollen und uns weiterzuentwickeln. Wir können lernen und wachsen in den Bereichen, die uns begeistern, denn Talent, Begabung und Intelligenz sind keine festgelegten Größen, sie sind gestaltbar. Und die Momente, in denen wir scheitern oder stolpern, sind Gelegenheiten voranzukommen und zu lernen, was wir vielleicht jetzt noch nicht können und worin wir durch Übung mit Sicherheit immer besser werden.


Das gilt auch für unsere Kinder.

Wir können auch das Growth-Mindset unserer Kinder stärken, indem wir den Prozess, also ihre Anstrengungen würdigen und anerkennen anstatt die guten Ergebnisse. Wir können sie in ihrem Selbstvertrauen und ihrer Selbstwirksamkeit stärken, indem wir ihre möglichen Aussagen wie z. B. „Ich kann das nicht“ in „Du kannst das NOCH nicht, doch du wirst von Mal zu Mal besser“ transformieren.


„Becoming is better than being.”


Carol Dweck


 

Literaturverzeichnis

Claro, S., Paunesku, D., & Dweck, C. S. (2016). Growth mindset tempers the effects of poverty on academic achievement. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 113(31), 8664–8668. https://doi.org/10.1073/pnas.1608207113


Dweck, C., & Neubauer, J. (2016). Selbstbild Wie unser Denken Erfolge oder Niederlagen bewirkt. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:101:1-201605064793


Yeager, D., Carroll, J., Buontempo, J., Cimpian, A., Woody, S., Crosnoe, R., Muller, C., Murray, J., Mhatre, P., Kersting, N., Hulleman, C., Kudym, M., Murphy, M., Duckworth, A., Walton, G., & Dweck, C. (2021). Teacher Mindsets Help Explain Where a Growth-Mindset Intervention Does and Doesn’t Work. Psychological Science. https://doi.org/10.1177/09567976211028984


Yeager, D. S., Hanselman, P., Walton, G. M., Murray, J. S., Crosnoe, R., Muller, C., Tipton, E., Schneider, B., Hulleman, C. S., Hinojosa, C. P., Paunesku, D., Romero, C., Flint, K., Roberts, A., Trott, J., Iachan, R., Buontempo, J., Yang, S. M., Carvalho, C. M., … Dweck, C. S. (2019). A national experiment reveals where a growth mindset improves achievement. Nature, 573(7774), 364–369. https://doi.org/10.1038/s41586-019-1466-y


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